06.04.2014 - 18.03.2014
Timor Leste ist ein in unseren Breiten relativ unbekanntes Land, welches die Osthälfte der Insel Timor einnimmt. Unabhängig ist es erst seit 2002. Die Aufteilung hat ihre Ursachen wie viele Gebietsstreitigkeiten in der "3." Welt in der Kolonialzeit - Osttimor war portugiesisch, Westtimor holländisch besetzt. Daraus resultierte die Möglichkeit, nach Rückzug der Kolonialherren selbständig zu werden. Da Indonesien den Ostteil auch gern haben wollte, hatte es diesen seit 1975 besetzt.Und da die westliche Welt befürchtete, daß die potentiellen Machthaber Osttimors Milch an Kinder verteilen oder gar die Schulbildung kostenlos machen könnten, hat sie Indonesien militärisch unterstützt und auch sonst den Rücken freigehalten. Das hat dann geschätzten 108000 Timoresen das Leben gekostet. Als die Verbrechen nicht mehr zu ignorieren waren, hat sich Portugal und die UNO für ein Ende der Besatzung engagiert, und nach etlichem Hin und Her endete es in der Unabhängigkeit Osttimors und einem weitgehend zerstörtem Land.
Vor einigen Jahren hatte ich in einer deutschen Zeitung einen Beitrag über Timor Leste (Osttimor) gelesen, der eher abschreckend (eine der höchsten Kriminalitätraten der Welt) wirkte. Reisende sowie die "Traveller-Bibel" (Lonely Planet) berichteten Angenehmeres über das Land. Und da wir ein neues Indonesienvisum brauchten, verbanden wir das Notwendige mit dem Interessanten und haben uns das Land selbst einmal angesehen.
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Alles eine Nummer kleiner: der internationale Flughafen von Timor Leste |
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Denkmäler sind aufgrund der kämpferischen Geschichte auch hier reichlich vorhanden |
Die Portugiesen haben hier zwar nicht viel sichtbares hinterlassen, und das Wenige hat im Krieg auch noch oft Schaden genommen, aber die christlichen Missionare haben ganze Arbeit geleistet: das Land ist streng katholisch. Die Kirchen sind in aller Regel das bestrenovierte Haus in jeder Stadt, in jedem Dorf, und es sind auch oft christliche Missionen zu finden.
In Dili haben wir aber auch einen Muezzin rufen hören.
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Christu Rei von Dili ist die zweitgrößte Christus-Statue der Welt |
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Denkmal für den Papstbesuch 1989 in Dili (während der Besatzungszeit) |
Sympathisch: bis jetzt wurden die repräsentativen Ausgaben des Staates in Grenzen gehalten. Der Präsidentenpalast ist ein übersichtliches Gebäude. Das Parlament ist im ehemaligen portugiesischen Gouvaneurspalast untergebracht.
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Auch von dezenter Größe: der Präsidentenpalast von Timor Leste |
Ein Museum zeigt die Geschichte Osttimors von der Ankunft der Portugiesen bis zur Unabhängigkeit. Unschwer ist herauszulesen, daß das Land Opfer der "großen" Politik geworden ist. Menschenrechte sind eine schöne Sache, aber manchmal werden anscheinend die Prioritäten anders gesetzt. Die von verschiedenen Staaten unterstützte Seite (s.u.) wird in dem Museum etlichen schweren Kriegsverbrechen beschuldigt.
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Aus der Unabhängigkeits-Ausstellung: die üblichen verdächtigen Waffenlieferanten |
Um etwas mehr vom Land zu sehen, haben wir uns ein Motorrad geliehen und sind eine Woche lang bis fast an die Spitze gefahren. Leider sind die meisten Strassen in den letzten Jahrzehnten im wahrsten Sinne des Wortes den Bach hinuntergegangen, so daß das Fahren eine recht anstrengende Sache wurde. Unschätzbarer Vorteil einer Motorradtour: man kann die kleinen Sehenswürdigkeiten am Rande ansehen oder an einem Fischgrill anhalten ;-) . Auch einen Abstecher in die Berge haben wir gemacht. Das endete in Trial-ähnlichem Fahren.
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Herrliche Landschaft gibt es hier satt |
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Fische: aus dem Meer auf den Grill in den Mund |
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Portugiesische Kirche in Laleia |
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"Hot Spring" (besser: Warm Spring) nahe Velilale |
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Kirchliche Festlichkeiten am Palmsonntag in Com |
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Seeseite in Com; da haben wir auch gewohnt |
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Interessante katholische Kirche in Lospalos |
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Tribut an die Regenzeit: da hilft nur Warten; was hier in der Regenzeit Alltag ist würde in D zu Katastophenalarm führen |
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Traditionelle Häuser im Osten Osttimors |
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Ökoschweine am Strand von Com |
Unser Eindruck: das Land ist sehr arm. Das kann auch nicht anders sein, war es doch nach der Besatzungszeit zu 75% zerstört. In den Dörfern und Kleinstädten scheinen die Gemeinschaften noch in Ordnung zu sein und der Landbesitz sichert das Auskommen - hungern muß wohl niemand. Wie das in Dili funktioniert, haben wir nicht ergründen können, aber das Nichtvorhandensein von Bettlern ist immer ein gutes Zeichen.
Die UNO ist mittlerweile abgezogen, aber noch tummeln sich die Hilfs- und "Hilfs"-Organisationen im Land. Die Einen, um zu helfen, die anderen, um die Geschäftsfelder aufzuteilen. Wir haben von Unterstützung für Community-basierten Tourismus gehört, aber auch die Hotelketten stehen in Stellung. Und das Öl wird bereits durch Australien
gefördert. Daraus werden nach Auskunft eines Osttimoresen die Bildungsprogramme finanziert - wie ehemals befürchtet (siehe Einleitung) ist Bildung in Osttimor frei.
Ach ja, und der oben erwähnte Zeitungsartikel:
Es hat wohl jemand den Kriminalitätsschalter auf "AUS" umgelegt. Oder es hat jemand Bürgerkrieg (den es gegeben hat) mit Kriminalität verwechselt. Uns ist jedenfalls nichts passiert, wir haben keinen getroffen, dem was passiert ist, und wir haben niemand kennengelernt, der jemanden kennt, dem was passiert wäre. Die Osttimoresen sind deutlich zurückhaltender als die Indonesier, aber wir sind überall freundlich behandelt worden, und abseits der Hauptstraße ist ein Tourist schlichtweg der Exot.
P.S.: Das mit dem indonesischen Visum hat wieder nicht wie geplant geklappt: warum auch immer haben wir wieder nur ein 30-Tage-Visum im Paß. Kennen die indonesischen Beamten die Größe Ihres Landes nicht?
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