29.09.2013 - 08.10.2013
Welcome to Kirgistan!
So wurden wir an der Grenze vom freundlichen Beamten empfangen und so war auch der Stempel schnell im Pass und wir konnten unser drittes Land in Zentralasien erkunden.
Das Erste was auffiel, das Marschrutka nach Osh kostete nur 16 Som. Endlich konnten wir wieder mit normalen Geldmengen hantieren. Von den usbekischen Sum sind nur 2000 übriggeblieben, was einem Wert von 0,57 Euro-Cent entspricht.
In Osh hatten wir dann Mühe, die Busse nach Jalal-Abad zu finden. Kurzerhand haben sie dort die Hauptstraße komplett, aber auch wirklich komplett gesperrt. Dummerweise lag gerade dort die Busstation. Also schlossen wir uns den, auch hilflos wirkenden Einheimischen an, und suchten unseren Weg um ein Marschrutka zu finden. Da ging es auch mal quer durch Sandhaufen oder hinter Garagen entlang.
Eher durch Zufall fanden wir dann die Marschrutkas, obwohl wir uns schon auf ein Shared Taxi vorbereitet hatten (da fehlten allerdings noch 5 Passagiere - das hätte dauern können
). Durch diese Sucherei hatten wir viel Zeit verloren, so dass wir in Jalal-Abad direkt ein Taxi für die letzten 200 km nach Arslanbob nahmen, wo wir dann auch erst im Dunkeln ankamen.
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Arslanbob |
Arslanbob - das Zentrum von mehreren Dörfern und doch selber auch ein Dorf geblieben. Es liegt sehr schön umringt von Bergen, die bis ca. 3500 m hoch reichen und somit auch einige Trekkingoptionen bereit halten. Bekannt ist Arslanbob aber für seine Walnüsse. Hier gibt es die größten zusammenhängenden Walnußwälder der Welt (ca. 16.000 ha).
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Walnußwald im Herbst |
Eine Geschichte besagt, dass Mohammed einem bescheidenen Gärtner den Auftrag gab, das Paradies auf Erden zu finden. So reiste der Gärtner durch viele Länder und kam zu einem malerischen Tal, umrahmt von Bergen und bewässert durch Bergflüsse, aber ohne Bäume. Hocherfreut über diese Entdeckung, schickte der Prophet dem Gärtner einen Sack voll Nuss- und Fruchtsamen, die dieser von einer Bergspitze aus verstreute. So wachsen hier nicht nur bis zu 150 Jahre alte Walnussbäume, sondern auch Apfel-, Kirsch-, Pflaumen- und Pistazienbäume.
Geschichtlich eher bewiesen ist, dass Alexander der Große in diesen Wäldern sein Jagdrevier hatte. Als er nach Griechenland zurück ging, nahm er die kirgisischen Nüsse mit. Mit diesen wurden die europäischen Plantagen bepflanzt, und so werden sie heute fälschlicherweise "griechische Walnüsse" genannt.
Im September/ Oktober ist hier Erntezeit. Ernte heißt, einer klettert auf den Baum und schüttelt die Nüsse herab, die Anderen sammeln sie unter dem Baum auf. Früher erfolgte dies in sowjetisch Zusammenarbeit. Wir hatten allerdings nicht den Eindruck, dass das schlecht war. Ein Mitarbeiter des CBT (Community Based Tourism) erzählte uns, dass vor der Ernte immer, in einer Art Zeremonie, für eine gute Ernte und die Gesundheit der Menschen gebetet wurde - natürlich außerhalb der sozialistischen Regeln. Hierfür wurde zum Beispiel ein Schaf geschlachtet und gemeinsam verspeist. Heutzutage sind die Wälder an einzelne Familien verpachtet, die damit ihren Lebensunterhalt bestreiten müssen. Da bleibt oft keine Zeit mehr, für aufwendige Feste oder Zeremonien, denn auch hier ist die Devise "Zeit ist Geld" bereits angekommen. Dies sah der Mann von CBT als einen Grund, warum sich die Unfälle bei der Ernte häufen. Es klettern auch Leute auf die Bäume, die dies besser nicht tun sollten. Eine Woche vor unserer Ankunft soll ein Mann gestorben sein, als er vom Baum fiel und auf einen Eisenzaun stürzte (den es früher auch nicht gab).
Die Walnußwälder wollten wir uns natürlich auch ansehen und so organisierten wir uns hier zwei Tagestouren. Die Erste führte uns in den Wald, der schon recht herbstlich wirkte. Leider war er nahe beim Dorf und die Ernte hier schon beendet. Der Wald erinnerte uns an unseren Laubwald, allerdings störten uns die Zäune.
Vor und nach dem Wald wanderten wir zu zwei Wasserfällen, der eine 24m hoch und der Zweite ganze 80 m hoch. Zu diesem mussten wir einen steilen Anstieg erklimmen und auch wirklich ganz nah an die Kante gehen, um überhaupt das Wasser auf dem Boden ankommen zu sehen. Der Letztere war sehr beeindruckend, auch wenn ich schon wieder Bammel vor dem Abstieg hatte (ist aber alles gut gegangen).
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Wasserfall: 24 m |
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Wasserfall: 80 m |
Die zweite Tour führte uns zu den sogenannten Jailoos, was Sommerweide bedeutet. Auf einem Berg befindet sich dort ein heiliger Felsen. Dieser hat diesen Status, weil im 11. Jh. ein heiliger Mann jeden Tag dort hinauf ging, um zu beten. Als dieser starb, war der Felsen für die Menschen hier vor Ort heilig und es werden auch heute noch Feierlichkeiten dort abgehalten. Da es wieder steil bergauf ging, ging ich nicht mit bis ganz hoch.
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Der Heilige Felsen |
Der Felsen befindet sich auf ca. 3000m Höhe, während Arslanbob auf ca. 1400 m liegt. Ich stieg bis ca. 2400m mit auf, wartete dann aber auf einem Plateau auf die Beiden. Als wir wieder auf der Sommerweide ankamen, die hier viele Quellen hat, war unser Mittagessen schon fertig. Ich erwähne dies hier nur, weil wir hier das beste Schaschlik (Щашлык) hatten, was wir bis dahin gegessen hatten - super zartes Fleisch und lecker gewürzt. Gewürze sind sonst eher selten.
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die leckeren Schaschliks |
Bevor wir Arslanbob "Lebe Wohl" gesagt haben, wollten wir uns noch den wöchentlichen Viehmarkt anschauen. Man sagte uns, wir müssten dazu zeitig aufstehen, da dieser bereits um 7.00 Uhr startet und gegen 10.00 Uhr bereits beendet ist. Also gingen wir gegen 7.30 Uhr (ohne Frühstück!!!) dort hin und... waren enttäuscht. Gerade mal 3 Kühe standen dort und ein paar Männer. Doch kurze Zeit später ging es richtig los. Der Markt füllte sich zusehends mit Kühen, Schafen und Ziegen, auch ein paar Pferde waren darunter. Die Ankunft erfolgte zu Fuss, auf zwei und vier Beinen, auf der Pritsche von kleinen chinesischen Transportern oder auch mal im Kofferraum eines ganz normalen Audis. Die Verhandlungen werden hier solange geführt, wie sich der Verkäufer und der eventuelle Käufer die Hände halten. Wir konnten jedoch kein erfolgreiches Geschäft erkennen, jedenfalls ließ die Mimik und Gestik eher was anderes vermuten. Eine wichtige Regel auf einem solchen Markt ist aber, stehe nie zu nah an einer Kuh, denn wenn diese sch..., das spritzt schon ganz gut.
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auf dem Viehmarkt in Arslanbob |
Wir schauten uns das Treiben noch eine Weile an und gingen dann frühstücken, bevor wir Arslanbob verließen.
Wir fuhren zurück nach Jalal-Abad. Hier organisierten wir unsere Weiterreise, füllten unsere Geldvorräte auf und checkten unsere Mails (Danke an Alle, die uns geschrieben haben). Außerdem genossen wir ein Bierchen, welches es in Arslanbob (sehr islamisch konservativ) nicht gab. Mit einem Sammeltaxi ging es den nächsten Morgen nach Kazarman. Die Fahrt in einem neueren Wolga war unspektakulär (die Landschaft ist aber immer wieder schön) für hiesige Verhältnisse, ein bisschen Kühlerwasser nachfüllen und am Ende den Auspuff verloren - das wars, oder anders ausgedrückt - нормалны (total normal!).
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Melonen-an der Straße nach Kazarman |
In Kazarman blieben wir nur eine Nacht. Die Stadt besteht im Großen und Ganzen aus einem Neubaugebiet und einem eher dörflichen Teil, hat einige Läden, zwei Restaurants und früher auch mal einen Flughafen. In der Nähe gibt es eine Goldmine, die ca. 1000 Menschen ein Einkommen sichert. Wovon die anderen Leute hier leben, wenn sie nicht Lehrer, medizinisches Personal oder Verwaltungsangestellte sind, haben wir nicht rausgefunden.
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unsere Dusche in Kazarman |
Am nächsten Tag fanden wir recht schnell ein Sammeltaxi zu unserer nächsten Station. Das Wort Sammeltaxi passt hier wie Faust auf Auge. Wir sind es ja gewohnt zu warten, denn diese Taxis fahren erst, wenn auch der letzte Platz belegt ist. Aber diesmal war es anders. Das Warten war sehr abwechslungsreich - wir fuhren im Ort hin und her, kehrten bei einer Familie zu einem zweiten Frühstück ein. Hier gab es richtigen Kartoffelsalat
- den haben wir natürlich aufgefuttert.
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der Kartoffelsalat |
Später fuhren wir zu einer Jurte, in der die anderen Passagiere wohl den Segen für die anstehende Fahrt bekamen. Das Ganze dauerte dann ca. 3 Stunden, bevor es dann doch losging. Diesmal verlief die Fahrt nicht ganz "нормалны" - wir hatten einen Platten, kein brauchbares Ersatzrad, verheizten ein Notrad, borgten uns ein zweites Notrad und letztendlich gingen auch noch zwei Radbolzen bei der Bastelei kaputt. Um überhaupt noch vorwärts zu kommen, mussten wir etliche Kilometer lang, weitab jeder Siedlung, immer wieder den Reifen aufpumpen.
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... bei der Arbeit! |
Als kleines Dankeschön gabs Wodka, aber leider keinen Preisnachlass. Aber, wie bisher immer, wir kamen da an wo wir wollten und das hieß in diesem Fall - die Stadt
Naryn.
Naryn ist Ausgangspunkt für Besuche des Song Köl und nach
Tash Rabat. Wir entschlossen uns nach Tash Rabat zu fahren und dort zwei Nächte in einer Jurte zu schlafen. Von hier aus machten wir eine Tagestour entlang der Seiden"Straße" zu einem Pass, von dem man den Chatyr-Köl, einen Bergsee, sehen konnte. Die Tour war technisch nicht schwer, aber der starke Wind, der an diesem Tag wehte, blies die eh schon knappe Luft auch noch vom Munde weg. Ein anstrengender, aber schöner Trip. Wieder bei den Jurten bekamen wir ein reichhaltiges Abendessen, welches von der Frau der Familie zubereitet wurde, die das Camp mit den Jurten betreut. Mitte Oktober werden sie die Jurten abbauen, in den Wohnwagen (in dem sie jetzt wohnen) packen und in ihr Haus zwei Dörfer ziehen, bis das nächsten Frühjahr kommt.
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im Bauwagen der Gastfamilie |
Tagsüber waren die Temperaturen voll ok, nachts fielen sie auf bis zu -6 Grad. Aber mit dem Yak-Scheiße-Ofen
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der Yak-Sch...-Ofen |
in der Jurte war das kein Problem, wir konnten sogar im T-Shirt sitzen und z. B. Bilder aussortieren. Nur das Aufstehen am nächsten Morgen viel etwas schwer, aber dies sind wir ja aus der Winterzeit in unserer "Solinger Jurte" gewohnt. Hier hatten wir auch Gelegenheit das Nationalgetränk zu probieren. Kumys ist fermentierte Stutenmilch, die schon einen sehr eigenen Geschmack hat, also nicht wirklich kompatibel zu europäischen Geschmacksnerven ist.
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Kumys unter Freunden |
Gleich neben dem Jurtencamp steht eine alte Karawanserei aus dem 15. Jahrhundert, die wie eine im Sand versunkene Moschee aussieht. Es gibt auch Aussagen, dass diese Karawanserei ursprünglich ein christliches Kloster aus dem 10. Jahrhundert gewesen sein soll. Karawansereien waren zu Zeiten der Seidenstrasse die Hotels für die Reisenden, hier gab es Schlafgelegenheiten, zu essen und die Tiere konnten versorgt werden.
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die Karawanserei von Tash Rabat |
Auf dem Weg nach Tash Rabat hatten wir nochmal die Gelegenheit einen Viehmarkt in At-Bashy zu besuchen. Dieser war schon eine andere Kategorie als der in Arslanbob, viel größer - mehr Tiere und mehr Menschen.
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der Tiermarkt von At-Bashy |
Neben den Tieren (wieder Kühe, Schafe, Ziegen, Federvieh und viel mehr Pferde), gab es hier auch alles drumherum, z. B. Zaumzeug und Sättel, aber auch Waren des täglichen Bedarfs, so auch Alkohol
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Aber nicht nur auf den Viehmärkten haben wir die Tiere gesehen, sondern auch auf den riesigen Weiden des Landes. So sollten glückliche Kühe, Schafe und Pferde leben dürfen.
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Yaks in Kirgistan |
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Pferde in Kirgistan |
Wieder in Naryn bezogen wir eine 3-Zimmer-Wohnung in einem Neubaublock. Eigentlich für bis zu 6 Touristen gedacht, hatten wir die Wohnung für uns alleine und begingen hier unseren 100. Tag unserer Reise bei einem Glas kirgisischen Rotwein.
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100 !!! |