Mittwoch, 8. Januar 2014

Vietnam - Minderheiten, Mekong und Vietnamkrieg

13.12.2013 - 25.12.2013

unsere Rucksäcke sind nicht alleine
Ganz anders dann Kontum. Eine Stadt in den Highlands von Vietnam. Diese erreichten wir, trotz anderer Auskünfte in HoiAn, mit einem Minibus.
Kontum ist Ausgangspunkt für den Besuch von Dörfern, in denen einige Minderheiten leben. Es soll hier noch Dörfer geben, die sehr traditionell von der Jagd und dem Anbau von Gemüse und Reis leben. Bis dahin sind wir jedoch nicht vorgedrungen. Die Dörfer, die wir angeschaut haben, befanden sich immer noch im Dunstkreis der Stadt.
Jedes Dorf, egal welcher Minderheit, hat ein sogenanntes Rong-Haus. Es ist schwer zu beschreiben, deshalb hier ein Bild. 
ein Rong-Haus
die Kleinen sind schon früh mit dabei
zu Gast bei einer kleinen Familie
Dieses wird traditionell für Versammlungen, Hochzeiten und andere Veranstaltungen des ganzen Dorfes genutzt. Teilweise ist aber auch eine Schule darin untergebracht. Diese Häuser bestehen aus Holz, stehen auf Stelzen und sind mit einem Palmenblätterdach gedeckt. Es gibt aber auch schon die moderneren Varianten mit Beton und Blechdach. - sind natürlich nicht so schön. Haupterwerbszweig ist die Landwirtschaft. Die Menschen bauen Reis, Maniok und Kaffee an.
ein traditionelles Haus
Wir übernachteten in einem der Dörfer. Geschlafen haben wir in einem Langhaus, obwohl es
gar nicht so lang war. Am Abend gab es Musik und Tanz. Dies war ursprünglich für ein Schweizer Paar gemacht, aber wir wurden auch eingeladen. Die Männer spielten Trommeln und Gongs; die Frauen tanzten dazu. Hier gab es das mit Reiswein gefüllte Jar (ein Tonkrug), aus dem der Reiswein mit Bambusröhrchen getrunken wird. Das Ganze geschieht so: Der Jar wird bis zum Rand aufgefüllt. Dies passiert immer wieder mit Wasser. Auf dem Jar liegt ein Holzstab, von dem ein ca. 1 cm langer Splint abzweigt. Dieser Splint befindet sich im Getränk und nun war es an uns, soviel zu trinken, bis der Splint nicht mehr mit Flüssigkeit bedeckt war. Das ganze passierte immer mit einer anderen Person, also es tranken immer zwei gleichzeitig - mit dem Chef vom Dorf, mit dem Chef der Musik Gruppe, mit der Chefin der Tanzgruppe und mit der Frau, die mich beim Tanzen unterstützt hat und dann wieder von vorn...Anscheinend wollte man die Touristen am Boden sehen...
die Jar-Zeremonie (da sollte man immer ein bisschen aufpassen)

Da wir zum Dorf gelaufen sind und unser Guide wohl jeden hier kennt, hatten wir unterwegs schon zwei Einladungen. Da gab es aber stärkeres Zeugs als das aus dem Jar. Trotzdem mussten wir ein bisschen aufpassen. Aber dank unserer Herkunft waren wir mit dem Nötigen ausgestattet, um zu den Letzten bei der Party zu gehören. Geschlafen haben wir jedenfalls sehr gut. Wegen den Hähnen und Hunden im Dorf waren wir zeitig wach. Wir gingen etwas durchs Dorf. Es war Montag und vor dem Rong-Haus versammelten sich die Menschen und sangen ein Lied vor der vietnamesischen Flagge. Dies passiert hier jeden Montag. Außerdem hatte die Schule begonnen und auch da schauten wir mal vorbei.
eine Schule in einem Rong-Haus

Den zweiten Tag stiegen wir aufs Moped und setzten die Besichtigung fort. Dabei gab es eine neue interessante Geschichte. Eine Minderheit sind die Jarai. Sie sind Anemisten und haben einen interessanten Totenkult. Ihre Friedhöfe sehen aus wie kleine Dörfer und befinden sich im Westen des Dorfes, da wo die Sonne untergeht. Jedes Grab ist mit einer kleinen Hütte markiert. Früher haben an den Ecken Holzfiguren gestanden, diese sieht man aber nur noch selten. Und wenn, dann sehen sie gruselig aus. Ein Jar symbolisiert den Verstorbenen und Gegenstände, die er oder sie in der nächsten Welt brauchen könnte sind mit begraben bzw. liegen auf dem Grab. Und da gibt es so einiges: Reiswein, Reis an sich,: Fernseher, Fahrrad, Mopedteile, Plattenspieler, Töpfe und und und.
ein Grab der Jarai - modern


ein Grab der Jarai - traditionell
Die Gräber werden mehrere Jahre lang "betreut", d.h. jedes Jahr wird der Verstorbenen mit Feiern, Essen und Reiswein trinken gedacht und das mit den Toten zusammen auf dem Friedhof, neben dem Grab. Nach ein paar Jahren, so glauben die Menschen hier, ist die Seele des Verstorbenen aus dem Dorf verschwunden und das Grab wird sich selbst überlassen. Diese Art des Umgangs mit dem Tod bekamen wir hautnah an einer Wasserstelle zu spüren. Eine alte Frau kam hierher um eine Matte zu waschen. Sie erzählte, dass sie die letzte Nacht bei ihrem verstorbenen Ehemann auf dem Grab geschlafen hat. Unsere Blicke wurden gleich traurig, doch sie war fröhlich und da die Matte dreckig war, musste sie gewaschen werden - alles ganz normal.
Im Gegensatz dazu gehörte unser Guide der Minderheit der Bahnar
unser Guide, ich und ein Junge aus dem Waisenhaus
an, die auch Anemisten sein sollen. Allerdings im Umfeld der Stadt gibt es auch viele Katholiken. Unser Guide ist auch Katholik und wenn er so erzählte hätte man denken können wir wären im Mittelalter. So ist der Bau des Brunnens nicht vorrangig aus gesundheitlichen Gründen erfolgt, sondern weil dem Priester Engel erschienen sind und dies vorgeschlagen haben. Irgendwie schon eine komische Welt. Aber die katholische Kirche selber war sehenswert. Sie ist aus Holz gebaut und ihre Farbe ist schwarz mit gelben Absetzungen.
die katholische Kirche von Kontum
Dies gefällt mir als Dynamo-Fan natürlich, aber sie sah auch so schön aus. Im Inneren ist sie recht luftig; und einfach eingerichtet. Der Altar ist mit einem Tuch bedeckt, welches von den Minderheiten kommt.
Wie gesagt, uns hat Kontum sehr gut gefallen, aber auch hier hieß es wieder Abschied zu nehmen.
Dorfleben
Mit einem kurzen Zwischenstop in Quing Nhog, wo wir eigentlich baden wollten, aber das Wetter leider nicht mitspielte, erreichten wir unsere vorletzte Station in Vietnam - das Mekongdelta.
Anlaufpunkt hier war die Stadt Can Tho. Von hier aus besuchten wir die "Schwimmenden Märkte", die es hier immer noch gibt. Das Delta ist mittlerweile verkehrstechnisch sehr gut erschlossen. Dies erleichtert das Leben der Menschen, birgt natürlich die Gefahr, daß traditionelles Leben, wie ebend die schwimmenden Märkte verschwinden könnten. Aber noch gibt es sie und das ist gut so.
Den ersten Markt, den wir besuchten, heisst Cai Rang. Hier erfolgt der Handel von relativ großen Schiffen aus.
eines der Boote am schwimmenden Markt
Damit sich die Interessenten orientieren können, wo es welche Produkte gibt, befindet sich an jedem Schiff ein Mast, an dem die dargebotenen Waren hängen.
das "Schaufenster"
Da die Masten nicht allzu stark sind, wird hier überwiegend Obst und Gemüse gehandelt ;-). Aber es gibt auch Verkäuferinnen für die Waren des täglichen Gebrauchs oder "1000 kleine Dinge", wie wir im Osten sagen. Und ganz wichtig ist auch das leibliche Wohlbefinden und so gibt es auch Kaffee, Tee, Suppe und Baguette. Die Baguettes sind Überbleibsel aus der französischen Kolonialzeit und zu einem typischen vietnamesischen Snack geworden.
Der zweite Markt heißt Phong Dien. Dieser ist weiter entfernt von Can Tho und viel kleiner. Nicht nur die Anzahl der Boote, die wurde locker durch die Touristenboote übertroffen, sondern auch die Größe der Boote ist hier viel kleiner. Aber auch hier sind Obst und Gemüse die Hauptprodukte.
kleiner Markt mit Gemüse und...
Es gibt Kartoffeln, so etwas wie Rüben, Kohl, Tomaten, Zwiebeln, Knoblauch, Bohnen und Massen von Ananas, Jackfrucht, Milchfrucht (die haben wir zum ersten Mal probiert), Lichies, Drachenfrüchte, Bananen und noch mehr.
... Obst
Wenn Ihr Euch auch irgendwann mal diese schwimmenden Märkte anschauen wollt, dann müsst Ihr ganz ganz zeitig aufstehen. Um die Mittagshitze zu vermeiden, sind diese immer früh am Morgen, so zwischen 5 und 9 Uhr.
Die Menschen die hier handeln leben in den umliegenden Dörfern. Mit unserem Guide haben wir uns hier umgesehen, meistens zu Fuß.
wir im Dorf bzw. über dem Wasser
Dabei besuchten wir auch eine Familie, die Reisnudeln herstellt. Dies erfolgt alles in Handarbeit.
die Nudel"fabrik"
Nach einem guten Mittagessen fuhren wir zurück um gleich in das nächste Boot zu steigen. Dieses war etwas größer und sah ganz bequem aus - bis der Motor an gelassen wurde. Der war soooo laut. Eigentlich hatten wir uns eine gemütliche Bootsfahrt zu unserer nächsten Unterkunft vorgestellt, leider war dieser Krach keine Freude.
Die nächsten zwei Tage verbrachten wir auf einer Mekonginsel gegenüber der Stadt Vinh Long. Wir wohnten bei einer Familie, das Ganze nannte sich "homestay", hatte aber doch eher Hotelcharakter. Nichtsdestotrotz, das Essen hier war super und gemütlich war es auch.
lecker Essen im Homestay-Hotel
Hier fuhren wir einen Tag mit Fahrrädern herum, sahen eine Kirche, besuchten einen Tempel und genossen das ruhige Leben hier. Es gibt kaum Autos, auch weil die meisten Wege nur zweimalige Mopedbreite haben.
... am Strassenrand mit Früchten

und mit Eis
Diese gibt es dafür auch wieder reichlich. Den zweiten Tag besuchten wir die Stadt Tra Vinh. Es war ein Tagesausflug mit zwei Mopeds. Im Mekongdelta leben viele Khmer und demzufolge gibt es auch Tempel im Khmerstil. Einer davon ist die Ang-Pagoda. Auf den Ruinen eines alten Tempels gebaut, verbindet diese schöne Pagoda Khmerstile und französische Elemente.
Ganz anders dagegen die Ong-Pagoda. Diese ist Chinesisch und die Wandbilder sind krass bunt.
Mit Hilfe von Spenden aus Taiwan und Hongkong ist sie auch sehr gut in Schuss.
die Ong-Pagoda (bitte nicht verwechseln)
die Ang-Pagoda









Kein religiöser Platz aber ein Ort des Gedenkens ist der Ho-Chi-Minh-Tempel. Dieser ist einzigartig in Vietnam und besteht aus einer mit Palmenblättern gedeckten Hütte, die mittlerweile von einem runden Betonbau umgeben ist. Ein Bild und ein paar Fotos und natürlich Blumen, die zum Gedenken niedergelegt wurden, befinden sich darin.

Letzte Station in Vietnam war Ho-Chi-Minh-Stadt, früher Saigon. Der Name Saigon wird hier auch gebraucht und ist relativ geläufig.
Nach dem ruhigen Mekongdelta eher ein Ort zum weglaufen - ging ja aber nicht, da unser Flug von hier ging.
chaotischer Verkehr in HCMC
HCMC ist wie Hanoi, nur noch einen Zacken chaotischer. Zwischen den Mopeds verirrten sich mehr und mehr Autos und auch Rikscha- und Fahrradfahrer. Und es gab wieder viele Bleichgesichter.
ein Einstieg in einen der Tunnel - ganz schön eng
Bis zum Abflug tauchten wir nochmal in die Geschichte des Vietnamkrieges ein. Wir besuchten die Tunnel von Cu Chi. Der Vietcong hat hier kilometerlange Tunnel gegraben um den Kampf mit den Amerikanern aufnehmen zu können.
eine der Fallen - schon ganz schön fies
Mit Erfindungsreichtum wurde die waffentechnische Übermacht der USA unterlaufen. Die Moral der amerikanischen Soldaten wurde mit selbstgebastelten Fallen, die nicht töteten, aber verletzten, auf eine harte Probe gestellt. Verwirrung erzielte der Vietcong z. B. mit Schuhen, die man in zwei verschiedenen Richtungen anziehen konnte, einmal für das tägliche bäuerliche Leben. Ging es jedoch um den Kampf, drehte man sie kurzerhand um und lief somit "rückwärts". Wer den Spuren folgte, lief also in genau der entgegengesetzten Richtung. Die Tunnel selber sind äußerst eng. Ein normaler Europäer oder halt Amerikaner kommt da nur mit großer Mühe durch, wenn überhaupt. Die Gänge, die für Touris offen sind, sind schon etwas größer, trotzdem war es ein mulmiges Gefühl dadurch zu gehen - es war eng, dunkel und feuchtwarm.
im Tunnel
Kaum vorzustellen, daß es hier unten Menschen tage- oder gar wochenlang ausgehalten haben.
Einen Tag später sahen wir uns das "War Remnand Museum" an. Viele Fotos, die meisten nicht von Vietnamesen gemacht, erzählen von den Grausamkeiten dieses Krieges. Das Massaker von My Lai, bei dem über 500 Dorfbewohner, darunter viele Frauen (auch Schwangere), Kinder und Ältere umkamen. Die Bilder hat ein Amerikaner gemacht. Für mich am Schrecklichsten ein eigentlich harmloses Foto: es stehen Frauen mit ihren Kindern total verängstigt in einer Gruppe zusammen; die Bildunterschrift lautete sinngemäß:  "Nachdem ich das Foto gemacht hatte und mich um drehte hörte ich Gewehrschüsse aus dieser Richtung."
Dazu finde ich keine Worte!
ein paar Namen der Opfer des My Lai Massakers

Unterstützungsplakat made in GDR
Es gab aber auch zwei Piloten, die an diesem Tag 10 Leben retteten.
Weitere Themen des Museums waren: die Folgen von Agent Orange und anderen chemischen Waffen, der Einsatz von Bomben, z. B. auch Streubomben und die Spätfolgen bis heute, die Unterstützung des vietnamesischen Volkes im Ausland und die Haftbedingungen für in Gefangenschaft geratene Vietnamesen.
Insgesamt also ein Besuch, der die besinnliche Stimmung eines Weihnachtsfestes in eine andere Richtung lenkte. Aber der auch positive Gefühle hinterließ. So war uns z. B. nicht bekannt, dass es in den USA Menschen gab, die alles, sogar ihr Leben für das Ende dieses Krieges gaben.
Trotz Traurigkeit, Entsetzen gibt es also auch Hoffnung!
Damit dieses Kapitel nicht mit Krieg endet, hier noch eine kurze Beschreibung des Besuches des Cao Dai Tempels.
der Cao Dai Tempel
Cao Dai ist eine Religion, die Ost und West, d. h. Elemente von Buddhismus, Confuzianismus, vietnamesischer Spiritualität, Christentum und Islam verbindet. Sie entstand im 20. Jahrhundert. Was sich ganz genau dahinter verbirgt haben wir noch nicht begriffen, aber Personen, wie Joan de Arc, Shakespeare, Lenin und Victor Hugo spielen hierbeieine wichtige Rolle.

Unser Rückblick auf Vietnam:
Einige andere Reisende haben uns vor Vietnam gewarnt: dort herrscht Turbokapitalismus, und einziges Ziel der Leute ist, den Touristen das Geld auf jede erdenkliche Art aus der Tasche zu ziehen. Unser Eindruck: es stimmt, leider. Frisierte Taxameter, falsche Auskünfte, horrend überzogene Preise, fast wie Indien (wer das vergleichen kann). Und wer nur die Haupttouristenroute abreist, könnte zu dem Schluß kommen, das ist Vietnam. Verläßt man diese Orte, ist das wie Schalter umgelegt und man könnte denken in einem anderen Land zu sein. Dort trifft man freundliche und offene Leute und wird korrekt behandelt.
Insgesamt hat uns hat das Land gut gefallen, es gibt Einiges zu sehen, wenn es auch manchmal kein schönes Thema ist (Vietnamkrieg), das Wetter ist auch meistens gut und das Essen schmeckt. Wirklich vermissen werden wir den vietnamesischen Kaffee, denn der war Spitze!
Kaffee - voll lecker in Vietnam
Hallo!
                                      
                                               Gruss auch vom Hasenbommel

so spektakulär kann ein Sonnenuntergang sein
unser Lieblingssaftstand in Kontum

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen