Montag, 30. Juni 2014

Papua Niugini - Reisen ist tödlich für Vorurteile

05.06.2014 - 25.06.2014

Da wir den Weg Richtung Osten eingeschlagen haben, kommt nach Papua West folgerichtig Papua Ost. Das Land, das darauf liegt, heißt Papua-Neuguinea (PNG). Es zu durchreisen verursachte etwas Bauchkribbeln. Warum? Einfach mal beim Auswärtigen Amt vorbeisehen (sonst versteht Ihr möglicherweise auch den folgenden Reisebericht nicht). Im Gegensatz zu Osttimor konnten auch der "Lonely Planet" (Reiseführer) oder andere Reisende die hier beschriebene Situation nicht wesentlich aufhellen. Aber dort leben doch auch Menschen, die damit klarkommen (müssen)? Die Neugier siegte. Wir wollten es wissen.
Eine Seefahrt, die ist lustig...
Schon der Grenzübertritt gestaltete sich anders als gedacht. Die Landgrenze war gesperrt - es gab Schießereien (zwischen OPM und der indonesischen Armee). Also mußten wir ein Boot über die Seegrenze nehmen. Was Boot genannt wurde, war ein Boot. Man könnte sagen, ein größeres Ruderboot, mit überdimensionierten Außenbordern und wahrscheinlich auch überdimensionierter Beladung (13 Leute). Leider fuhren wir den aufziehenden Wolken nicht davon, sondern geradewegs hinein. Das hatte dann was von Achterbahn mit Schlaglöchern oder so. Und war naß. Gut wer Achterbahn-tauglich ist...
Erster Eindruck von Vanimo, PNG
Aber der Bootsführer war gut und nach wenig mehr als 2 Stunden waren die 80 km nach Vanimo geschafft.
Wir wurden ausgesprochen nett empfangen. Ein junger Mann führte uns zur Immigration, der Beamte besorgte uns eine Unterkunft im katholischen Gasthaus und den Transport dahin (es ist am Rand der Stadt). Und wir bekommen Vanimo erklärt: Vanimo ist sicher. Wir sollen aber bitte vor Einbruch der Dunkelheit zurück sein. Alles ist relativ.
Vanimo war ein guter Einstieg in PNG. Wenn auch ohne besondere Sehenswürdigkeiten, es ist eine sehr schöne Lage an einer Halbinsel. Mit freundlichen und hilfsbereiten Menschen. Wirklich interessant ist Vanimo nur für Surfer - es ist das Surfparadies von PNG.
Bucht von Vanimo und ein Bananenboot
Die Weiterreise stand an. Ökonomisch sinnvoll sind nur Jeep oder - Boot. Wir fragten herum. Jeep ist angeblich unzuverlässiger und gefährlicher. OK, einen Tod muß man ja sterben. Wir entschieden uns nochmal für's Boot (ein sogenanntes Bananenboot, nicht zu verwechseln mit Bananaboot). Es begann bei schönstem Wetter. 7 Stunden später war der Himmel wieder schwarz und die Wellen zum Surfen gut geeignet. Nur nicht so gut für überladene Passagierboote. Wir kamen heil in Aitape an, aber durften wieder die abgesoffenen Rucksäcke trocknen.
Aitape ist eine deutsche Gründung (unsere Ur-Ur-Großväter waren hier vor dem WK1 aktiv) und befindet sich auch in paradiesischer Lage.
Aitape verbreitet Wohlfühlatmosphäre - das ist nicht nur relativ, sondern absolut. Die Leute sind freundlich untereinander und zu uns - wenn überhaupt kennen wir das in Deutschland nur von der Nahe. Wir blieben einen Tag länger und genossen es.
Unsere "Reisegruppe" im Sammeljeep
Den nächsten Abschnitt legten wir mit einem (Sammel) Jeep zurück. Der war natürliche auch voll, aber außer 33 Flußdurchfahrten (plus 36 Brücken) auf etwa 150km Küstenabschnitt (es ist Regenwald!!) gab es nichts besonderes.
In Wewak war dann erstmal Schluß mit lustig. Es war Feiertag (Geburtstag der Queen), die Straßen leer. Unser Jeep hielt vielleicht 100m entfernt vom Hotel. Wir wollten das laufen - der Jeep fuhr bis vor's Haus hinter uns her. Im Hotel war gerade keiner da, und so standen wir etwas ratlos da. Ein Security-Mann von einem gegenüberliegenden Lagerplatz kam angerannt und sagte uns, wir sollten schnellstens die Straße verlassen, es wäre zu unsicher für uns.
Unser Lieblingsimbiß in Wewak
Zwischendurch hielt noch ein anderes Auto an, der Fahrer fragte, ob alles OK wäre. Also verbrachten wir den Nachmittag auf dem Lagerplatz, bis der Hotelbesitzer wieder kam. Aha. Ein Amerikaner, den wir kennen, berichtete aus der Gegend seines Hotels gleiches. Ein Vorgeschmack auf die Problemstädte PNG's?
Am nächsten Tag waren die Straßen wieder belebt, wir setzten uns in ein Sammeltaxi und fuhren ins Zentrum. Die an der Haltestelle herumsitzenden Jungs mit ihren Macheten (haben hier viele dabei) hielten uns auch das Richtige an - kostenlos.
Außer einem kleinen Diebstahlversuch (der erste auf der Reise) war vom Stadtbummel nichts besonderes zu vermelden. Die Leute sind immer noch hilfsbereit, aber die Stimmung ist angespannt und die Wohlfühlatmosphäre eines Aitape war dahin. Da aber ansonsten nichts böses passierte, sind wir wieder mutiger geworden - wir haben auch abends Bier geholt auf der Straße vorm Hotel.
Wewak liegt, natürlich, bildschön am Meer und es gibt Sandstrände kilometerweit.
...und sein spiritueller Inhalt...
Spirithaus von Palembai...
Für uns aber war Wewak Ausgangspunkt zur Organisation einer Tour an den Sepik. Der Sepik ist der größte Fluß von PNG und bekannt für seine große Vielfalt an Kultur und traditioneller Lebensweise.
Einen Guide (*1) haben wir leicht gefunden - wir hatten eine Empfehlung einer Engländerin und oh Wunder, er hatte auch Zeit für uns. Touristen treten sich hier nicht tot. Wir gingen in einem (reichlich motorisierten) Einbaum auf Tour.
Attraktion hier sind die Dörfer entlang des Sepik, die neben dem adaptierten christlichen Glauben ihre Jahrhunderte alten Bräuche pflegen.
...und gegenüber die Kirche
So gibt es in jedem Dorf einen Haus-Tambaran, ein spezielles Haus, in dem die Geister leben. Dort findet man Trommeln, Masken und Kostüme, die zu Festlichkeiten benutzt werden. In einigen Häusern gibt es uralte Figuren, die nicht fotografiert werden dürfen. Man sollte die Geister nicht verärgern, die sind sehr mächtig hier... Daran ändert auch nichts, daß die Gegend Mobilfunk-abgedeckt ist und nebenan eine Kirche steht.
Auch interessant: traditionelle Märkte, auf denen Produkte zwischen den Dörfern am Fluß und denen im Inland getauscht werden - vorwiegend Sago und Gemüse gegen Fisch. Wir haben aber auch oft Geld den Besitzer wechseln gesehen, und Telefonkarten oder Batterien gibt es auch.
Reges Markttreiben
Und: von Februar bis April ist Land unter: der Sepik verwandelt die Gegend in eine Seenlandschaft. Auch deshalb stehen alle Häuser auf Stelzen, und die Wasserstände sind noch deutlich zu sehen. So verbrachten wir 8 Tage am Sepik: Kultur, Lebensweise, Trekking, Fischen, Baden und Tierbeobachtung.
Hier gab es auch keine "Ausgangssperre". In den Dörfern kann man sich gefahrlos bewegen.
Doch da ist noch was, was auf den Bildern vom Sepik nicht zu sehen ist: Es ist um die 32°C warm (nachts auch schon mal nur 25°C) bei einer Luftfeuchtigkeit von mindestens 85%, und Mücken, die sich einen Scheiß drum scheren , daß wir uns mit Autan eingeschmiert haben. Das sind ziemlich gewöhnungsbedürftige Lebensbedingungen.
Der Sepik bei Palembai
Zurück in Wewak zogen wir in ein Guesthouse in der Stadt ein. Und wurden wieder umsorgt wie kleine Kinder: kaum ein Schritt außerhalb des Guesthouses, wo nicht irgendjemand mit uns kam. Schafften wir es, unsere Babysitter abzuschütteln, sind wir trotzdem nur auf nette Leute getroffen. Mittlerweile waren wir bekannt: man hatte tags zuvor neben uns im Bus gesessen, oder sich vor 2 Tagen schon mal mit uns unterhalten, oder, oder. Warum man uns ständig begleiten wollte, wir wissen es nicht.
Port Moresby, die auch beim Auswärtigen Amt erwähnte Hauptstadt, hätten wir auslassen können, indem wir einfach am Flughafen umgestiegen wären. Aber wir hatten in Wewak einen (pensionierten) Offizier der PNG-Armee kennengelernt. Er wohnt in Port Moresby und wollte uns die Stadt zeigen. Und siehe da, auch Port Moresby ist eine Stadt wie viele andere, in der das tägliche Leben pulsiert. Wenn auch mit Stadtteilen, in die auch Einheimische nie gehen würden, auch tagsüber nicht.
Und wir haben erfahren, daß auch für modern lebende und welterfahrene PNGer die traditionellen Strukturen sehr viel zählen. Unser Bekannter hat auch einen guten Teil der Welt bereist. Trotzdem sind die Entscheidungen seines Clans (er stammt vom Sepik) für ihn bindend.

Wir haben einige Male nachgefragt, wer denn die Raskols (die Banditen) sind, um deren Bekanntschaft wir erfolgreich herumgekommen sind. Die meisten Antworten waren, daß das Leute sind, die auf der Straße leben und auch ein Stück vom Wohlstandskuchen abhaben wollen - und sich den auf ihre Art holen. Und sie sind sich auch bewußt, daß in Ihrem Land die Verteilung der Reichtümer sehr ungleich ist. Deshalb unsere Empfehlung: Vielleicht sollte man all den Befürwortern von Niedrigstlohn, weiteren Sozialhilfekürzungen oder deren Abschaffung eine Reise nach PNG verordnen. Da können sie sich schon mal die Zukunft ihres Landes ansehen und den Stacheldraht für Ihre Villa auf Vorrat legen.



(*1) Hat von unserer geneigten Leserschaft jemand Lust auf eine Sepiktour bekommen? Wir können unseren Guide allerbesten Gewissens empfehlen: Joseph Kone aus Ambunti - die Kontaktdaten sind auf Google+ zu finden (wir haben die Daten natürlich auch).




Diese Jungs "fingen" uns weg, um Ihr Rugbyspiel anzusehen (Aitape) 
Das hieß "Rugby Touch" und ist gewaltfrei - keine Keilereien auf dem Spielfeld
"Krokodilhaut" - dieses Ritual wird auch heute noch durchgeführt (Mittelsepik)
Zum Glück ein spirituelles Krokodil (beisst nicht mehr)
Erste Stufe der Sagoherstellung
Letzte Stufe (Sagoverwertung): Sago mit Fisch
Körperhygiene typisch für die Sepikregion (auch für Touristen)
Paradiesvogel


Dienstag, 10. Juni 2014

Indonesien - Papua

06.05.2014 - 04.06.2014

So riesig Indonesien ist, wenn man lange genug nach Osten reist, kommt man auch hier zur letzten Insel: Neuguinea, zweitgrößte Insel der Welt, von welcher immerhin die Hälfte zu Indonesien gehört und die hier Papua oder Irian Jaya heißt. Hört sich exotisch an?

Raja Ampat
Erste Station auf Papua war Raja Ampat, eine Inselgruppe vor Papua am oberen Ende des "Vogelkop" (Neuguinea hat wirklich etwas von einem Vogel an sich) und fast genau auf dem Äquator gelegen. Hier ist eher nichts exotisch, es ist einfach eine schöne Gegend überwasser und eine extrem schöne Gegend unterwasser.

Unser Hotel auf Raja Ampat
Raja Ampat ist ein indonesisches Premium-Urlaubsziel. Wir haben es anstelle der gerade schlecht erreichbaren Banda's ins Programm genommen. Es gibt einen hochbepreisten Eintritt, überteuertes Benzin und damit Transport, (unbezahlbare) luxuriöse Tauchresorts und etwas preiswertere, komfortfreie Homestays. Aber wer braucht schon Luxus, wenn man in dieser Lage wohnen kann?? (die rechte Suite war unsere).
Wir haben geschnorchelt, getaucht, Fische und Vögel beobachtet, das Fischerdorf besucht und auch schon mal nichts gemacht - Urlaub von den Reiseanstrengungen.

Morgendlicher Zug der Delfine
Täglicher Zug der Fischerboote
Pause zwischen 2 Tauchgängen auf einem Inselchen

Jayapura / Sentani / Tablanusu
Inzwischen war wieder mal ein Visum abgelaufen, und wir brauchten die nächste Verlängerung, um das Inland von Papua erkunden zu können. Wir rechneten aufgrund des Visumtyps mit Schwierigkeiten, aber die Beamten in Jayapura waren keine Spaßverderber. Nur ein paar Tage warten mußten wir. Aber es gibt Plätze, an denen das nicht wirklich schlimm ist.
Perfekter Ort, um Wartezeit auf das Visum totzuschlagen (Tablanusu)
Ein fast freiliegendes Riff bei Ebbe
Für alle die nicht tauchen oder schnorcheln: in der Bucht lag das Riff bei Ebbe nur ein paar Zentimeter unter Wasser und wir konnten es mit unserem normalen Fotoapparat knipsen.

Wamena
Wamena liegt mitten im Hochland von Papua und ist eine indonesische Kreation. Bis heute gibt es keine Straße von der Küste hierher, was erstens heißt, jeder Besucher muß fliegen, und zweitens, die ganze Stadt wurde im Laufe der Jahrzehnte hierher geflogen und alle Produkte werden es auch heute noch. Sogar Eier wurden ausgeladen. Also, die Stadt selbst ist immer noch nicht exotisch, aber schon neben der Straße, die durch das Tal führt, kann es mit etwas Glück durchaus interessant werden. Diesmal hatten wir welches.

Mumie des Dorfes Jiwika (noch Touristenprogramm)
Dorffest (kein Touristenprogramm)
Tradition trifft Moderne
Exotisches Treiben um ein Dorffest
Jiwika ist bekannt für seine Mumie, die man gegen Geld sehen kann. Es ist ein Dorfchef, der vor 371 Jahren gestorben ist, aber seine Kräfte noch heute an das Dorf weitergibt. Das war der Touristenteil.
Außerdem fand ein Dorffest statt, auf dem für die Ausbildung der Dorfjugend gesammelt wird (Grundschule ist kostenlos, aber weitere Bildung kostet). Dazu machten Dorfbewohner der umliegenden Dörfer ihre Aufwartung, wurden von auf- und ab rennenden Frauen und "Hua hua" rufenden Männern begrüßt und brachten eine Spende mit. In einem großen Grashaufen, vermischt mit heißen Steinen (siehe mittleres Bild), wurde das Mittagessen (Süßkartoffel und Grünzeugs) bereitet und zusammen verzehrt. Wir bekamen auch etwas ab (hatten schließlich auch gespendet). Da waren wir zur richtigen Zeit am richtigen Ort gewesen.

Einen Trek in die Berge, jenseits der Reichweite von Straße und Stromleitung, haben wir auch noch gemacht. Die Gegend rund um das Baliem-Tal und wohl auch der größte Teil von Papua (es gibt unzählige Landepisten) ist christlich durchmissioniert, und so finden sich neben den sehr einfachen Rundhütten immer auch sehr solide Kirchen. Staatliche Grundschulen gibt es ebenfalls. Und aus Überzeugung nackig (nur mit Penisschutz) rennen im 3-Tages Bereich auch nur noch wenige, durchweg alte Männer durch den Wald. Trotzdem ist das moderne Leben noch weit weg, und die Menschen leben weitgehend von dem, was Feld und Wald hergeben.
Typisches Dorf: große Kirche (links) und Rundhütten (rechts)
Der südliche Teil des Baliem-Tales
Hängebrücke
Kinder sind immer für ein Foto zu haben - und kosten nur Bonbons
Schweine sind das Lieblingsfleisch der Bewohner - aber nur zu besonderen Anlässen

Ein Fazit
Papua war natürlich sehr interessant. Trotzdem bleiben, besonders verglichen mit dem Rest Indonesiens, gemischte Gefühle. Die Menschen hier sind sehr freundlich. Jeder schüttelt, kaum das die Stadt hinter einem liegt, dem anderen die Hand. Auch uns. Aber wir können nicht sagen, das sie besonders gastfreundlich wären. Besonders als Tourist wird man schnell und deutlich in seine Rolle als Geldbringer, Zigaretten- und Bonbonspender und Reis- oder Nudellieferant eingewiesen. Im Idealfall alles zugleich. In dem Geben- und Nehmen-Spiel ist ersteres hier nur schwach ausgeprägt. So deutlich haben wir das lange nicht erlebt.

Sorong
Aber: wo Schatten ist, muß ja auch das Licht leuchten:
Nach unserer Raja Ampat - Tour nahm uns in Sorong eine Familie in ihrem Auto mit.Was ursprünglich bis zum Flughafen gedacht war, endete in ihrem Häuschen. Dort konnten wir 2 Nächte bleiben, bis unser Flug ging. Dank an Noni, David und Andrea für diese unerwartete Gastfreundschaft.


Noch 2 Foto's...
Kunstvolles Hotelfoto (Raja Ampat)
Indonesian Way of Live
Schon mal auf einer (gut frequentierten) Startbahn gestanden? In Wamena geht das. Ein bestimmt illegaler, aber zahlreich genutzter Weg geht in gegenüber liegende Dorf - über die Startbahn. Dort hat man hinter dem Absperrzaun (den man überklettern muß) auch direkt Ojek-Anschluß.
Aber vorher gucken, daß die Luft rein ist!!!

Dienstag, 3. Juni 2014

Indonesien - alte und dennoch lebendige Totenkulte

23.04.2014 - 06.05.2014

Indonesien ist groß und, wie wir feststellen mussten, verkehrstechnisch nicht unbedingt für unsere Reisewünsche ausgelegt. So mussten wir nach Makassar über Surabaya fliegen - das ist mal ebend die doppelte Strecke.
Von Kupang flogen wir sehr zeitig früh los und erreichten Makassar gegen Mittag. Da wir in dieser Stadt, wenn es irgendwie geht, nicht übernachten wollten, kümmerten wir uns direkt um den Weitertransport nach Rantepao. Die einzige Möglichkeit dabei war der Nachtbus,
unser Bus - sogar mit WiFi
der ca. 21.00 Uhr fahren sollte. Den nahmen wir dann auch und hatten nun eine lange Wartezeit vor uns. In dieser Zeit konnten wir im Raum (Büro wäre zu viel gesagt) der Busgesellschaft unser Smartphone aufladen. Die Tür befand sich in einem Hof, in dem es äußerst spannend zu ging. Einige Leute scheinen in den kleinen Räumen zu leben und verrichteten die alltäglichen Dinge des Lebens, wie waschen, kochen und auch die Körperhygiene. Alles was wir als Abfall bezeichnen und was es dort auch ist, fliegt in den Hof und verrottet dort mit den entsprechenden Gerüchen. Von diesen lassen sich aber viele Katzen nicht abhalten, gerade dort ihr Domizil aufzuschlagen und auch ihr Kleinen groß zu ziehen. Diese fanden hier natürlich einen Superspielplatz vor. Und viel Müll zieht auch noch andere Tierchen an, wie z. B. Ratten. Und auch die leben dort wie die Made im Speck und haben auch keine Scheu vor Mensch und Katz'.
Katz' und Maus (besser Ratte)
Naja, wir waren jedenfalls froh, als das Smartphone aufgeladen war und wir diese Ecke verlassen konnten.
Unser Bus kam pünktlich und war sehr modern. So ließen sich die ca. 10 Stunden Fahrt ganz gut aushalten.

Soweit zur Vorgeschichte, denn unser Hauptziel war Rantepao bzw. die Region Tana Toraja. Im südlichen Teil von Sulawesi gelegen, leben hier überwiegend Christen. Diese haben neben Kirchen aber auch noch einen sehr interessanten Teil ihrer alten Tradition bewahren können. Und diese wollten wir uns anschauen.

Hierbei handelt es sich um den Umgang mit ihren verstorbenen Angehörigen.
Ich versuche mal, Euch das näher zu bringen.

Im Glauben der Menschen hier findet der Verstorbene erst seine Ruhe, wenn er in würdiger Weise in sein nächstes Leben gegangen ist. Wie würdig hängt vom Status des Verstorbenen ab. Der Übergang wird durch eine Beerdigungszeremonie eingeleitet, die von der Familie ausgestaltet wird. Die Vorbereitungen und auch der genaue und günstigste Zeitpunkt können weit in der Zukunft liegen. Der oder die Tote wird bis dahin im Haus der Familie aufbewahrt und gilt in dieser Zeit als "krank". Dies bedeutet, dass er/sie zu allen Mahlzeiten eingeladen wird. Der Körper wird heutzutage mit Formaldehyd haltbar gemacht, früher passierte dies mit Kräutern. In Leinen eingewickelt "warten" sie im Schlafraum der erwachsenen Familienmitglieder auf ihre Beerdigung.
Für Touristen ist es hier möglich, an einer solchen Beerdigung teilzunehmen. Wir nahmen die Gelegenheit war und fuhren mit unserem Guide Imanuel zu einer Beerdigung einer Frau, die vor ca. 2 Monaten verstorben war. Ursprünglich war angedacht zu einem anderen Dorf zu fahren, wo der Verstorbene mehr als ein Jahr bereits tot war.
Für dieses Ereignis werden um den Bereich der traditionellen Häuser (Wohnhaus und Reisspeicher) temporäre Häuser für die Gäste aufgebaut. Als Gäste waren wir dunkel gekleidet und brachten eine kleine Aufmerksamkeit für die Familie in Form von Zigaretten und Zucker mit. Unser Guide war sehr clever und nahm den Hintereingang, was uns einen guten Platz in einem der temporären Häuser verschaffte.
Weitere Gäste waren die Verwandten, Bekannte aus dem Dorf, auch das Militär und andere Offizielle bekundeten ihre Aufmerksamkeit.
Gäste auf der Beerdigung
das ist gut angelegtes Geld in Tana Toraja
Unsere Gastgeschenke waren dabei eher klein, denn üblich ist es ein Schwein oder, wenn möglich, einen Büffel zu spenden. Die Menschen hier glauben, dass die geopferten Tiere ihren Herren in das nächste Leben folgen. Noch ein Wort zu den Büffeln - Diese sind ein wichtiges Statussymbol und werden sehr liebevoll behandelt. Ein Büffel, der halb Albino und halb "normal braun" ist, kann hier einen Preis bis zu 8000 Dollar kosten.
Während wir hier waren, wurden bestimmt 10 Schweine als Gaben überreicht.
... eine Schweinespende
Die meisten fanden auch gleich hier ihr Ende. Im hinteren Teil des Geländes wurden sie mit einem gezielten Messerstich ins Herz vom Leben zum Tode befördert. Die Schreie der Tiere waren markerschütternd, aber sie mussten nicht lange leiden. Die Borsten wurden abgebrannt und das Schwein dann im öffentlichen Bereich zerlegt und verteilt. Der Spender erhielt ein Bein und der Rest gelangte in einen großen Kochtopf.
Wenn jemand denken sollte, wie kann man sich sowas ansehen?! Wir sind der Meinung, dieser Umgang ist ehrlicher als dies in unseren Gefilden der Fall ist. Hier erfolgt das Gleiche, aber hinter verschlossenen Türen und was die Tiere bis dahin erleiden müssen, sieht und hört keiner.
nur speziell ausgebildete Männer dürfen diesen Schlag ausführen
Wir hatten auch das Privileg, daß bei diesem Ereignis ein Büffel geschlachtet wurde. Direkt vor unserem Sitzplatz wurde dem Tier mit einem gezielten Machetenschlag die Kehle durchtrennt. Dies war mit einigem spritzenden Blut verbunden. Auch hier ging alles sehr schnell. Das Zerlegen dauerte dann allerdings über eine Stunde. Jedes Teil wird verwendet - angefangen von der Haut bis zu den Hörnern. Letztere werden als Schmuck an die Wohnhäuser angebracht.
Die Verstorbenen werden heute meistens in einem Sarg bestattet. Dieser stand auch die ganze Zeit vor dem traditionellen Wohnhaus. Der Sarg wird entweder in einem extra dafür gebauten Haus beigesetzt oder, mehr traditionell, in einem Felsengrab, aber niemals unter der Erde. In steilen Felswänden oder großen Steinen werden ca. 2x2x2 m große Löcher gehauen, in denen die Toten gebracht werden - früher in den Leinen eingewickelt und heute mit den Särgen. In einem solchen Felsengrab sind mehrere Verstorbene einer Familie beerdigt. Das Grab ist mit einer Holztür verschlossen und manchmal ist ein Kreuz angebracht.
die Felsengräber am Dorf Lemo
Was die ganze Sache etwas gruselig machte, waren die sogenannten "Tau Tau". Dies sind fast lebensgroße Puppen, die den oder die Verstorbene darstellen und auf Balkonen neben den Felsengräbern aufgestellt sind.
"Tau-Taus"
Mit ihren gemalten weißen Augen mit schwarzen Pupillen schauen sie streng den Betrachter der Gräber an - also uns.
Neben den Felsengräbern gibt es noch Höhlengräber und hängende Gräber. Diese sind älter als die Felsengräber und die Verstorbenen wurden hier in kunstvoll geschnitzten Holzsärgen bestattet. Diese sind jedoch mittlerweile verrottet und so liegen die Gebeine der Toten, oft aufgeschichtet, so in den Höhlen.
in einem Höhlengrab
ein Baum mit Baby-Gräbern

Eine Praxis wird heute allerdings nicht mehr angewendet. In vergangenen Zeiten wurden verstorbene Babys (solange sie noch keine Zähnchen hatten) in Bäumen beerdigt. Diese Bäume waren immer harzreich, weil dies die Muttermilch symbolisiert und so die Seele des Kindes weiter wachsen kann. Das Loch im Baum befindet sich immer zu der dorfabgewannten Seite, damit das Baby nicht ständig sein Dorf und seine Mutter sehen muss und so keine Ruhe findet. Nach der Beerdigung war es auch Brauch, sich auf dem Weg zum Dorf zurück nicht umzudrehen, dies galt besonders für die Mutter.

Die schon erwähnten traditionellen Häuser (tongkonan) sind auch ein wichtiger Aspekt dieser Region. Die Dächer dieser Häuser gehen an beiden Enden, die immer in Nord-Süd-Richtung gebaut sind, nach oben. Diese sollen entweder die Hörner des Büffels darstellen oder ein Boot. Die Vorfahren der Torajas sollen mit Booten über den Fluß Sadan aus dem Süden gekommen sein. 
die traditionellen Häuser, das Große ist das Wohnhaus,
 die Kleinen, die Reisspeicher
Die Häuser sind mit Schnitzereien verziert, die alltägliche Dinge wie natürlich den Büffel darstellen. Aber auch Reis, die Sonne und andere Dinge werden als Symbole verwendet. Die Dächer waren früher aus Bamboos, heute überwiegt das Blech - leider. Ist aber zu verstehen - es ist preiswerter, leichter zu verarbeiten und hält länger.
Ein Wohnbereich besteht aus dem Wohnhaus, welches oft mit Büffelhorn verziert ist - je mehr Hörner, je höher der Status der Familie.
viele Büffelhörner = hoher Status
Manchmal findet man auch einen Drachen abgebildet, dies ist der Herkunft der Torajaner zu verdanken, die ganz frühe Wurzeln in China haben.
Immer im Norden des Wohnhauses befinden sich die Reisspeicher, auch hier gilt - je mehr davon, je reicher die Familie. Von zwei bis sechs haben wir alles gesehen.
ein originales Dach
Alle Gebäude stehen auf Stelzen, was vor allem dazu dienen soll, Ratten und andere Tierchen vom Reis und den Wohngefilden fern zu halten.





Da das Reisen auf Sulawesi meistens sehr lange dauert (die Busfahrten gehen kaum unter 10 Stunden ab) und wir ja leider nur wieder ein 30-Tage-Visum hatten, entschieden wir uns auf die Molukken weiter zu reisen.

Die Molukken sind eine Inselgruppe, die für die Niederländer in der Kolonialzeit aufgrund des Gewürzhandels ein wichtiger Standort war. Das ist so ungefähr die Gegend die man meint, wenn man sagt:     " ... da wo der Pfeffer wächst.". Allerdings ist Ambon eher für seine Muskatnüsse bekannt. Diese lagen auch oft auf den Straßen zum trocknen.
Muskatnüsse - zum Trocknen am Straßenrand
Wir verbrachten ein paar Tage auf Ambon. Außer einer Mopedtour haben wir allerdings nicht viel gemacht. Ursprünglich wollten wir auf die Banda-Inseln, aber dort kommt man im Moment nur mit dem Schiff hin und dies fährt nur einmal pro Woche - also warten auf die eine Fähre und dann eine Woche wieder warten auf die Fähre zurück. Zu lang für unsere weiteren Ziele.
ein Überbleibsel der Holländer - das Fort Amsterdam
Ein kleines Fieber meinerseits verzögerte unsere Abreise schon genug.
Wer sich allerdings für das sogenannte "Muck-Diving" interessiert, sollte sich diese Ecke vormerken. Wir haben ein paar Fotos von recht ungewöhnlichen Kreaturen gesehen, die hier existieren.
Aber "Muck" kann man vor Ambon auch durchaus direkt mit "Müll" übersetzen - Indonesien ist hochgradig vermüllt, und in Buchten wie der von Ambon sammelt sich dieser in unansehlichen Mengen an.



Noch ein paar Impressionen aus Tana Toraja...

ein offenes Felsengrab mit in Leinen gewickelten Toten

reich verziertes Wohnhaus

Pflege der Lieblinge


auch gut gepflegt - Hähne (Hahnenkämpfe sind hier noch üblich, obwohl verboten)
tausende Reisterrassen

Palmwein - bei der Beerdigung getrunken... und für nicht so schlecht befunden


... und von Ambon:

kurzer Kaffeestopp bei netten Damen

auch das gibt es hier - ein Rasthäuschen in Schwarz-Rot-Gelb

Riesenaale - ca. 1m lang und die werden hier NICHT gegessen!