Dienstag, 3. Juni 2014

Indonesien - alte und dennoch lebendige Totenkulte

23.04.2014 - 06.05.2014

Indonesien ist groß und, wie wir feststellen mussten, verkehrstechnisch nicht unbedingt für unsere Reisewünsche ausgelegt. So mussten wir nach Makassar über Surabaya fliegen - das ist mal ebend die doppelte Strecke.
Von Kupang flogen wir sehr zeitig früh los und erreichten Makassar gegen Mittag. Da wir in dieser Stadt, wenn es irgendwie geht, nicht übernachten wollten, kümmerten wir uns direkt um den Weitertransport nach Rantepao. Die einzige Möglichkeit dabei war der Nachtbus,
unser Bus - sogar mit WiFi
der ca. 21.00 Uhr fahren sollte. Den nahmen wir dann auch und hatten nun eine lange Wartezeit vor uns. In dieser Zeit konnten wir im Raum (Büro wäre zu viel gesagt) der Busgesellschaft unser Smartphone aufladen. Die Tür befand sich in einem Hof, in dem es äußerst spannend zu ging. Einige Leute scheinen in den kleinen Räumen zu leben und verrichteten die alltäglichen Dinge des Lebens, wie waschen, kochen und auch die Körperhygiene. Alles was wir als Abfall bezeichnen und was es dort auch ist, fliegt in den Hof und verrottet dort mit den entsprechenden Gerüchen. Von diesen lassen sich aber viele Katzen nicht abhalten, gerade dort ihr Domizil aufzuschlagen und auch ihr Kleinen groß zu ziehen. Diese fanden hier natürlich einen Superspielplatz vor. Und viel Müll zieht auch noch andere Tierchen an, wie z. B. Ratten. Und auch die leben dort wie die Made im Speck und haben auch keine Scheu vor Mensch und Katz'.
Katz' und Maus (besser Ratte)
Naja, wir waren jedenfalls froh, als das Smartphone aufgeladen war und wir diese Ecke verlassen konnten.
Unser Bus kam pünktlich und war sehr modern. So ließen sich die ca. 10 Stunden Fahrt ganz gut aushalten.

Soweit zur Vorgeschichte, denn unser Hauptziel war Rantepao bzw. die Region Tana Toraja. Im südlichen Teil von Sulawesi gelegen, leben hier überwiegend Christen. Diese haben neben Kirchen aber auch noch einen sehr interessanten Teil ihrer alten Tradition bewahren können. Und diese wollten wir uns anschauen.

Hierbei handelt es sich um den Umgang mit ihren verstorbenen Angehörigen.
Ich versuche mal, Euch das näher zu bringen.

Im Glauben der Menschen hier findet der Verstorbene erst seine Ruhe, wenn er in würdiger Weise in sein nächstes Leben gegangen ist. Wie würdig hängt vom Status des Verstorbenen ab. Der Übergang wird durch eine Beerdigungszeremonie eingeleitet, die von der Familie ausgestaltet wird. Die Vorbereitungen und auch der genaue und günstigste Zeitpunkt können weit in der Zukunft liegen. Der oder die Tote wird bis dahin im Haus der Familie aufbewahrt und gilt in dieser Zeit als "krank". Dies bedeutet, dass er/sie zu allen Mahlzeiten eingeladen wird. Der Körper wird heutzutage mit Formaldehyd haltbar gemacht, früher passierte dies mit Kräutern. In Leinen eingewickelt "warten" sie im Schlafraum der erwachsenen Familienmitglieder auf ihre Beerdigung.
Für Touristen ist es hier möglich, an einer solchen Beerdigung teilzunehmen. Wir nahmen die Gelegenheit war und fuhren mit unserem Guide Imanuel zu einer Beerdigung einer Frau, die vor ca. 2 Monaten verstorben war. Ursprünglich war angedacht zu einem anderen Dorf zu fahren, wo der Verstorbene mehr als ein Jahr bereits tot war.
Für dieses Ereignis werden um den Bereich der traditionellen Häuser (Wohnhaus und Reisspeicher) temporäre Häuser für die Gäste aufgebaut. Als Gäste waren wir dunkel gekleidet und brachten eine kleine Aufmerksamkeit für die Familie in Form von Zigaretten und Zucker mit. Unser Guide war sehr clever und nahm den Hintereingang, was uns einen guten Platz in einem der temporären Häuser verschaffte.
Weitere Gäste waren die Verwandten, Bekannte aus dem Dorf, auch das Militär und andere Offizielle bekundeten ihre Aufmerksamkeit.
Gäste auf der Beerdigung
das ist gut angelegtes Geld in Tana Toraja
Unsere Gastgeschenke waren dabei eher klein, denn üblich ist es ein Schwein oder, wenn möglich, einen Büffel zu spenden. Die Menschen hier glauben, dass die geopferten Tiere ihren Herren in das nächste Leben folgen. Noch ein Wort zu den Büffeln - Diese sind ein wichtiges Statussymbol und werden sehr liebevoll behandelt. Ein Büffel, der halb Albino und halb "normal braun" ist, kann hier einen Preis bis zu 8000 Dollar kosten.
Während wir hier waren, wurden bestimmt 10 Schweine als Gaben überreicht.
... eine Schweinespende
Die meisten fanden auch gleich hier ihr Ende. Im hinteren Teil des Geländes wurden sie mit einem gezielten Messerstich ins Herz vom Leben zum Tode befördert. Die Schreie der Tiere waren markerschütternd, aber sie mussten nicht lange leiden. Die Borsten wurden abgebrannt und das Schwein dann im öffentlichen Bereich zerlegt und verteilt. Der Spender erhielt ein Bein und der Rest gelangte in einen großen Kochtopf.
Wenn jemand denken sollte, wie kann man sich sowas ansehen?! Wir sind der Meinung, dieser Umgang ist ehrlicher als dies in unseren Gefilden der Fall ist. Hier erfolgt das Gleiche, aber hinter verschlossenen Türen und was die Tiere bis dahin erleiden müssen, sieht und hört keiner.
nur speziell ausgebildete Männer dürfen diesen Schlag ausführen
Wir hatten auch das Privileg, daß bei diesem Ereignis ein Büffel geschlachtet wurde. Direkt vor unserem Sitzplatz wurde dem Tier mit einem gezielten Machetenschlag die Kehle durchtrennt. Dies war mit einigem spritzenden Blut verbunden. Auch hier ging alles sehr schnell. Das Zerlegen dauerte dann allerdings über eine Stunde. Jedes Teil wird verwendet - angefangen von der Haut bis zu den Hörnern. Letztere werden als Schmuck an die Wohnhäuser angebracht.
Die Verstorbenen werden heute meistens in einem Sarg bestattet. Dieser stand auch die ganze Zeit vor dem traditionellen Wohnhaus. Der Sarg wird entweder in einem extra dafür gebauten Haus beigesetzt oder, mehr traditionell, in einem Felsengrab, aber niemals unter der Erde. In steilen Felswänden oder großen Steinen werden ca. 2x2x2 m große Löcher gehauen, in denen die Toten gebracht werden - früher in den Leinen eingewickelt und heute mit den Särgen. In einem solchen Felsengrab sind mehrere Verstorbene einer Familie beerdigt. Das Grab ist mit einer Holztür verschlossen und manchmal ist ein Kreuz angebracht.
die Felsengräber am Dorf Lemo
Was die ganze Sache etwas gruselig machte, waren die sogenannten "Tau Tau". Dies sind fast lebensgroße Puppen, die den oder die Verstorbene darstellen und auf Balkonen neben den Felsengräbern aufgestellt sind.
"Tau-Taus"
Mit ihren gemalten weißen Augen mit schwarzen Pupillen schauen sie streng den Betrachter der Gräber an - also uns.
Neben den Felsengräbern gibt es noch Höhlengräber und hängende Gräber. Diese sind älter als die Felsengräber und die Verstorbenen wurden hier in kunstvoll geschnitzten Holzsärgen bestattet. Diese sind jedoch mittlerweile verrottet und so liegen die Gebeine der Toten, oft aufgeschichtet, so in den Höhlen.
in einem Höhlengrab
ein Baum mit Baby-Gräbern

Eine Praxis wird heute allerdings nicht mehr angewendet. In vergangenen Zeiten wurden verstorbene Babys (solange sie noch keine Zähnchen hatten) in Bäumen beerdigt. Diese Bäume waren immer harzreich, weil dies die Muttermilch symbolisiert und so die Seele des Kindes weiter wachsen kann. Das Loch im Baum befindet sich immer zu der dorfabgewannten Seite, damit das Baby nicht ständig sein Dorf und seine Mutter sehen muss und so keine Ruhe findet. Nach der Beerdigung war es auch Brauch, sich auf dem Weg zum Dorf zurück nicht umzudrehen, dies galt besonders für die Mutter.

Die schon erwähnten traditionellen Häuser (tongkonan) sind auch ein wichtiger Aspekt dieser Region. Die Dächer dieser Häuser gehen an beiden Enden, die immer in Nord-Süd-Richtung gebaut sind, nach oben. Diese sollen entweder die Hörner des Büffels darstellen oder ein Boot. Die Vorfahren der Torajas sollen mit Booten über den Fluß Sadan aus dem Süden gekommen sein. 
die traditionellen Häuser, das Große ist das Wohnhaus,
 die Kleinen, die Reisspeicher
Die Häuser sind mit Schnitzereien verziert, die alltägliche Dinge wie natürlich den Büffel darstellen. Aber auch Reis, die Sonne und andere Dinge werden als Symbole verwendet. Die Dächer waren früher aus Bamboos, heute überwiegt das Blech - leider. Ist aber zu verstehen - es ist preiswerter, leichter zu verarbeiten und hält länger.
Ein Wohnbereich besteht aus dem Wohnhaus, welches oft mit Büffelhorn verziert ist - je mehr Hörner, je höher der Status der Familie.
viele Büffelhörner = hoher Status
Manchmal findet man auch einen Drachen abgebildet, dies ist der Herkunft der Torajaner zu verdanken, die ganz frühe Wurzeln in China haben.
Immer im Norden des Wohnhauses befinden sich die Reisspeicher, auch hier gilt - je mehr davon, je reicher die Familie. Von zwei bis sechs haben wir alles gesehen.
ein originales Dach
Alle Gebäude stehen auf Stelzen, was vor allem dazu dienen soll, Ratten und andere Tierchen vom Reis und den Wohngefilden fern zu halten.





Da das Reisen auf Sulawesi meistens sehr lange dauert (die Busfahrten gehen kaum unter 10 Stunden ab) und wir ja leider nur wieder ein 30-Tage-Visum hatten, entschieden wir uns auf die Molukken weiter zu reisen.

Die Molukken sind eine Inselgruppe, die für die Niederländer in der Kolonialzeit aufgrund des Gewürzhandels ein wichtiger Standort war. Das ist so ungefähr die Gegend die man meint, wenn man sagt:     " ... da wo der Pfeffer wächst.". Allerdings ist Ambon eher für seine Muskatnüsse bekannt. Diese lagen auch oft auf den Straßen zum trocknen.
Muskatnüsse - zum Trocknen am Straßenrand
Wir verbrachten ein paar Tage auf Ambon. Außer einer Mopedtour haben wir allerdings nicht viel gemacht. Ursprünglich wollten wir auf die Banda-Inseln, aber dort kommt man im Moment nur mit dem Schiff hin und dies fährt nur einmal pro Woche - also warten auf die eine Fähre und dann eine Woche wieder warten auf die Fähre zurück. Zu lang für unsere weiteren Ziele.
ein Überbleibsel der Holländer - das Fort Amsterdam
Ein kleines Fieber meinerseits verzögerte unsere Abreise schon genug.
Wer sich allerdings für das sogenannte "Muck-Diving" interessiert, sollte sich diese Ecke vormerken. Wir haben ein paar Fotos von recht ungewöhnlichen Kreaturen gesehen, die hier existieren.
Aber "Muck" kann man vor Ambon auch durchaus direkt mit "Müll" übersetzen - Indonesien ist hochgradig vermüllt, und in Buchten wie der von Ambon sammelt sich dieser in unansehlichen Mengen an.



Noch ein paar Impressionen aus Tana Toraja...

ein offenes Felsengrab mit in Leinen gewickelten Toten

reich verziertes Wohnhaus

Pflege der Lieblinge


auch gut gepflegt - Hähne (Hahnenkämpfe sind hier noch üblich, obwohl verboten)
tausende Reisterrassen

Palmwein - bei der Beerdigung getrunken... und für nicht so schlecht befunden


... und von Ambon:

kurzer Kaffeestopp bei netten Damen

auch das gibt es hier - ein Rasthäuschen in Schwarz-Rot-Gelb

Riesenaale - ca. 1m lang und die werden hier NICHT gegessen!







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